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428. Erwin Hubert: Ein Urlauber, wie Mallorca ihn mag

Mallorca Zeitung, 25. Juli 2024

Der Wiener Maler Erwin Hubert war einer der ersten Reisenden, die es immer wieder auf die Insel zog. Seine Werke waren prägend für die Inselwerbung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Geschichte einer erwiderten Liebe

Heute stöhnt die mallorquinische Gesellschaft ob der Auswirkungen des Massentourismus. So ganz anders war dagegen die Reisekultur auf Mallorca in ihren Anfängen. Statt des heute vorherrschenden Hangs zu Lärm und Übermaß standen bei den wenigen Besuchern Wissbegierigkeit und das Bedürfnis im Vordergrund, sich in die fremde Umgebung einzupassen. So war es bei einem der ersten – und bekanntesten – Mallorca-Reisenden, dem Erzherzog Ludwig Salvator. Aber auch bei anderen, die nach ihm kamen. Wie dem Maler Erwin Hubert.

Frühe Jahre
Hubert wurde am 16. Juli 1883 in Wien geboren. 1902 schloss er die Handelsakademie ab und trat mit knapp 20 Jahren in den Verlag von Edward Hölzel ein, der Werke des Erzherzogs veröffentlichte. Dort zeigte er großes Geschick im Entziffern der krakeligen Handschrift des bekannten Mallorca-Reisenden. Alsbald suchte der Erzherzog über den Verlag einen Schreiber; Hubert bot sich an und wurde eingestellt. Ab November 1903 begleitete er ihn als Korrektor und Sekretär auf der „Nixe II“ durchs Mittelmeer. Doch schon bald wurde der Erzherzog auf ein weiteres Talent Huberts aufmerksam – das Malen und Zeichnen.

Nach Mallorca führte es Hubert mit dem Erzherzog erstmals im Herbst 1904. Doch 1910 gab er die enge Zusammenarbeit mit Salvator auf und begann in Wien bei der Österreichisch-Ungarischen Nationalbank zu arbeiten – es erschien ihm sicherer. Trotzdem malte er weiter und arbeitete aus der Ferne mit dem Erzherzog zusammen. Die beiden verband aufrichtige Zuneigung, und so begegneten sie sich im Sommer 1913 wieder auf Mallorca. Als der Erste Weltkrieg ausbrach, fanden sie in Tschechien zusammen und verbrachten gemeinsam Salvators letzte Lebensmomente. So stark war ihre Verbindung, dass Hubert das Vorwort für das nach dem Tod des Erzherzogs veröffentlichte Werk „Türme und Wachtürme von Mallorca“ schrieb, das 1916 im Auftrag von Kaiser Franz Joseph I. veröffentlicht wurde. Die Illustrationen dazu: Aquarelle von Erwin Hubert.

1915 heiratete er Adele Panoch. Das Paar hatte zwei Kinder: Erwin Gunther (alias Guni) (1918–1995) und Dolores (1921– 2014). Nach dem Krieg beschloss Hubert, sich ganz der Malerei zu widmen. Er suchte ein geeignetes Ziel für seine Inspiration und fand es auf Mallorca.

Auf der Insel
Es war im Jahr 1920, als Hubert wieder hierher kam. Erneut ließ er sich in Miramar nieder, zog aber später nach Palma, während seine Familie nach Wien zurückkehrte. Er wohnte in der Pension Jardín im Carrer Can Cavalleria und richtete sein Atelier in einer Dachkammer im Carrer de l’Ermità ein. Sein öffentliches Debüt gab er auf einer kollektiven Kunstausstellung von Palmas Rathaus. Etwa hundert Werke wurden dabei präsentiert, Hubert stellte vier aus: „Susanna“, „Fischerin“, „Porträt des Erzherzogs Ludwig Salvator“ und „Hof von Son Moragues“, die durch ihren besonderen Stil – reich an Licht, Farbe und Farbvielfalt – auffielen.

Am 16. Januar 1921 eröffnete er seine erste Einzelausstellung im Salón Árabe de La Veda. Er stellte 70 Werke aus, die seine Vorliebe für Landschaften, malerische Ecken, Charaktere und typische Szenen zeigten. Alles in Aquarell. Der Durchbruch kam 1923 mit Ausstellungen in den Galerías Layetanas in Barcelona und im Ateneo de Madrid. Seine Aquarellkunst fand Anerkennung – man verglich ihn mit Meistern wie Briton Rivière oder Paul Signac. Fortan konnte Hubert von seiner Kunst leben. In den folgenden Jahren wurde er regelmäßiger Gast in den Galerías Costa in Palma, einem bedeutenden Kunstort in den 1920er- und 30er-Jahren.

Illustrator des Tourismus
Mitte 1929 veröffentlichte der Fremdenverkehrsverband Fomento del Turismo de Mallorca die „Guía de Mallorca“ – ein Routenbuch ohne Bilder, dessen Umschläge jedoch von Hubert illustriert wurden. 1930 druckte die Organisation Tausende von Plakaten mit einer Reihe von eigens gemalten Aquarellen, die in mehreren Sprachen mit dem Slogan „Visit Mallorca“ in Spanien und im Ausland verbreitet wurden – die erste Massenwerbung für den aufkommenden Inseltourismus. Hinzu kamen Broschüren und Postkartenserien.

Seitdem war Hubert ständig in der Tourismuswerbung präsent. 1930 wurde „Mallorca. Guía gráfica“ des Zeichners Pep Costa alias Picarol veröffentlicht, dessen Cover eines seiner Aquarelle zierte. 1933 veröffentlichte der Journalist José María Salaverría „Viaje a Mallorca“, ein Reisebuch mit 20 weiteren Aquarellen. Auch an den Büchern „La isla maravillosa“ (1945) und „Cuevas dels Hams“ (1946) von Josep Vidal Isern arbeitete er mit.

Und so ging es weiter. Hubert wurde zum Hauptillustrator der Attraktionen Mallorcas. Sein Stil – träumerisch und leuchtend – ließ sich leicht an die aufkommende Werbesprache anpassen. Er war perfekt, um die Vorzüge der Insel zu illustrieren: Volksszenen, Buchten, Bauern, Traditionen, Märkte und Tänze.

Auch wenn ihm eine gewisse Idealisierung der Landschaften und das Übermaß an Archetypen bei Charakteren und Volksszenen vorgeworfen wurde – seine Kunst war stets angenehm anzusehen und technisch einwandfrei, mit einem einzigartigen und persönlichen Stil.

Porträtmaler
Auch im Porträtieren zeigte Hubert großes Geschick. Zunächst bei anonymen Figuren aus dem einfachen Volk, später auch bei Familienporträts. Er blieb der Aquarellmalerei treu, die auf den ersten Blick weniger geeignet schien, erzielte jedoch außergewöhnliche Ergebnisse. Schnell war er als Porträtmaler gefragt und unternahm zahlreiche Reisen aufs Festland und ins Ausland, um Aufträge zu erfüllen. Die Kundschaft war meist wohlhabend: Adelige, Finanziers, Intellektuelle.

In Madrid machte er sich mit mehr als 300 Porträts als „der Hofmaler“ einen Namen. Eines der öffentlich bekanntesten Porträts war das von Joan Marquès Arbona, dem Gründer der Wochenzeitung „Sóller“, als dieser 1952 zum Ehrenbürger ernannt wurde.

Soziale Bedeutung
Sein Ansehen als Maler und seine lange Aufenthaltszeit auf Mallorca brachten Hubert großes Prestige und Popularität auf der Insel ein. Seit 1932 war er Mitglied eines ersten Chopin- und George-Sand-Schutzherrenrats mit Persönlichkeiten aus ganz Europa. Auch wirkte er als Ehrenmitglied des Ateneo von Palma und später des Círculo de Bellas Artes. Er organisierte Ausstellungen und Malwettbewerbe.

Mallorca blieb nicht Huberts einziges Reiseziel: Sein ganzes Leben lang reiste er weiter um die Welt, stets auf der Suche nach Inspirationen oder für Aufträge. In Rio de Janeiro (Brasilien) wurde ihm 1953 sogar die Goldmedaille der Ausstellung der Schönen Künste verliehen. Doch Mallorca lies ihn nicht los. Hier war er bekannt, für seine Kultiviertheit, seine elegante Erscheinung und seine gepflegten Umgangsformen. Er verkörperte selbst den Archetyp der ersten Touristen: einer Minderheit und sogar Elite, aber respektvoll und integriert in die Umgebung. Nicht zuletzt schätzte man ihn, weil er fließend Spanisch und sogar Mallorquinisch sprach. Selbst modisch setzte er Trends: Seine geliebten Pluderhosen wurden auf der Insel bald als „Hubert-Hosen“ bekannt.

Der Tod
So gemächlich sich Hubert ins Herz der Mallorquiner schlich, so plötzlich kam sein Tod. Jeden Tag, so heißt es, nahm Hubert die Straßenbahn, um in Can Pastilla ein Bad zu nehmen. Bis zum 18. September 1963. Mitten auf der Rambla in Palma wurde er von einem Motorrad angefahren, als er gerade in den Waggon stieg. Mit einem Schädeltrauma brachte man Hubert ins Krankenhaus, einige Stunden später erlag er seinen Verletzungen. Am nächsten Tag fand die Beerdigung in der Kirche Sant Jaume statt. Hubert wurde auf dem Friedhof von Palma im Grab der Familie des bereits verstorbenen Malers Bartomeu Ferrà Juan beigesetzt – mit ihm war er bei seiner ersten Ausstellung 40 Jahre zuvor zusammengetroffen.

Tage später beschloss der Stadtrat von Palma, ihm eine Straße im Stadtteil Molinar zu widmen. Am 29. September wurde in den Galerías Mora (Sóller) eine Ausstellung eröffnet, an der seine Kinder Dolores und Guni teilnahmen. Am 31. Dezember 1974 verlieh ihm der Stadtrat von Palma eine Ehrenurkunde. Seines 30. Todestages gedachte die Stiftung Barceló 1994 mit einer Ausstellung.

Heute ist Erwin Hubert fast vergessen. Doch Mallorcas Inselrat überlegt, ihn zum Ehrenbürger Mallorcas zu ernennen. Es wäre ein Zeichen, um an einen der ersten Touristen zu erinnern, der der Insel viel gab. Wiener von Geburt und Mallorquiner von Adoption, war Erwin Hubert die große Werbereferenz des ersten Tourismus auf Mallorca. Sein Pinsel porträtierte eine Trauminsel, vielleicht unwirklich; aber mit einem Hintergrund aus Liebe und Respekt für das Land, das ihn für immer aufnahm.